Am 22. Oktober feierten wir den 90. Geburtstag unseres Faltboot-Club Ingolstadt

Jubilare 90 jahre FCI

Die Jubilare

Nach der Begrüßung durch unseren Vorstand Richard Wagner hielt Sepp Ettinger nachstehende, kurzweilige Laudatio, gefolgt von der Ehrung der langjährigen Vereinsmitglieder wiederum durch Richard Wagner. Von den aktuell 141 Mitgliedern kamen 64 und die Festlichkeit dauerte bis lange nach Mitternacht.

Die Jubilare der Reihe nach:

60 Jahre
Heindl, Dieter

55 Jahre
Mehringer, Georg
Drechsler, Wenzl

50 Jahre
Zwicknagl, Edi
Zwicknagl, Franz
Nosse, Paul

45 Jahre
Böttcher, Klaus
Sterzl, Michael
Ordner, Karl

35 Jahre
Sebastian, Hans-Joachim
Sebastian, Sybille
Sebastian, Claudia
Mehringer, Andreas

30 Jahre
Knoll, Horst
Gerlsbeck, Erich

25 Jahre
Gottschalk, Jasmin

Laudatio zum 90-jährigen Vereinsjubiläum, Oktober 2016 von Sepp Ettinger:

Ich möchte mich zunächst beim Vorstand bedanken, dass ich es sein darf, der zur 90-Jahrfeier
unseres Vereins einige Worte spricht.
Erstens möchte ich die schon länger im Verein befindlichen Mitglieder an Vergangenes erinnern, aber auch die neueren Mitglieder mit der Geschichte des Vereins vertraut machen. Um einem Einwurf von Goggo vorzubeugen, stelle ich fest, dass ich kein Gründungsmitglied des FCI von 1926 bin.
Wenn jemand aus der Familie 90 Jahre  alt wird, dann sagt man, der ist ganz schön alt geworden. 90 Jahre in der Menschheitsgeschichte sind jedoch nur ein Wimpernschlag, also das Alter ist immer relativ zu sehen.
Wenn sich Menschen an einem Fluss niedergelassen haben, um sesshaft zu werden, haben sie immer versucht, den Fluss für ihre Interessen zu nutzen. Sie haben Waren auf Schiffen und Booten transportiert oder einfach Personen auf Booten von A nach B gebracht. Schon um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert wurden von Tüftlern Boote entwickelt, die der Fortbewegung auf dem Wasser dienten und mit denen man sich messen konnte, wer schneller ein Boot von hier nach dort bewegen konnte. So auch in Ingolstadt.
Seit 1914, also zu Beginn des 1. Weltkriegs, gab es in Ingolstadt einige Verrückte, die mit selbst gebauten „Haderndampfern“ sprich zerlegbaren Booten, auf der Donau fuhren. Man brauchte ein zerlegbares Boot, um es nach Erreichen des Ziels wieder zum Startpunkt zurückzubringen. Es gehörte damals schon zu den deutschen Eigenschaften, dass sich Gleichgesinnte zu einem Verein zusammenschlossen. Es war im Jahr 1926 als in Ingolstadt der Faltbootclub unter der Leitung des Rittmeisters Zantner gegründet wurde.  Ca. 16 Mitglieder frönten diesem Sport. Es war eine durchaus elitäre Gemeinschaft aus nicht unvermögenden Teilnehmern, war es doch nicht gerade billig, sich ein derartiges Boot anzuschaffen.
Aus zunächst gemeinsamen Fahrten auf der Donau entwickelte sich langsam ein Sport, bei dem sich die Teilnehmer auch im Wettkampf gemessen haben. So wurde im Jahr 1929 bereits eine Regatta auf der Donau veranstaltet, die der bei vielen noch bekannte Konrad Popp gewonnen hat und somit erster Ingolstädter Stadtmeister wurde. Ingolstadt war damals schon eine nicht kleine Garnisonsstadt, es kamen viele auswärtige Paddler  nach Ingolstadt, die den Verein ständig größer machten. Der Verein fand eine Bleibe im Turm Triva, einem Festungsbau, der als Bootshaus genutzt wurde. Vereinsheim für gesellige Zwecke war das Parkcafe an der Donau auf Höhe der jetzigen Adenauerbrücke gelegen. Das Parkcafe wurde 1945 in den letzten Tagen des Krieges vollkommen zerstört.
1936 war Olympiade in Berlin. Der Kanusport war noch keine olymp. Disziplin, aber bayer. Kanuten nahmen schon an der Eröffnungsfeier in Berlin teil. Der zwischenzeitlich gegründete Bayer. Kanuverband stellte einige Canadier zur Eröffnung ab, bei der auch Ingolstädter Paddler dabei sein durften. Einer dieser Canadierbuben war kein anderer als Hans Gössl, von dem im Laufe meiner Ausführungen noch mehrfach berichtet wird.  Hans Gössl war zeitlebens stolz auf diese Teilnahme und hat immer davon geschwärmt. In der folgenden Zeit hat sich der Verein bis 1939 stetig entwickelt und war aus dem Ingolstädter Sportleben nicht mehr wegzudenken.
Plötzlich war Schluß mit lustig. Die jungen Männer wurden eingezogen und an die Front geschickt und der gesamte Sport, einschließlich der Kanusport, kam zum Erliegen. Es gab wichtigeres als Bootfahren. Der Existenzkampf des Einzelnen und der in den Familien war wichtiger als alles andere.
Es gibt bis zum Ende des Krieges 1945 und in den folgenden Jahren bis ca. 1948 keinerlei Aufzeichnungen über den Faltbootclub. Das Bootshaus existierte nicht mehr, das Vereinsheim Parkcafe war zerbombt, Vorrang hatte der Kampf ums Überleben.
1949 trafen sich die ersten Paddler wieder, zwanglos im Schäffbräuhaus und schwärmten von alten Zeiten. Alte, noch vorhandene Faltboote wurden wieder zusammengeflickt und einsatzfähig gemacht. An ein Vereinsleben war jedoch noch nicht zu denken. Ein Bootshaus konnte auch seitens der Stadt Ingolstadt nicht zur Verfügung gestellt werden.
In der Festungsremise beim Turm Triva hatte sich im Erdgeschoss der Touristenverein „Die Naturfreunde“ niedergelassen. Über dem sog. Vereinslokal befand sich ein riesiger Dachschuppen, der sich für eine Bootsunterbringung anbot. Hans Gössl und einige andere Unentwegte, u.a. Rudi Heindl, der Vater von Dieter Heindl, verhandelten mit dem Touristenverein und gründeten unter dem TVdN eine sog. Unterabteilung, die Faltbootabteilung.  Einige werden sich noch an diese Unterkunft erinnern, die am  Südufer der heutigen Fußgängerbrücke lag.  Das Vereinsheim war grob gezeichnet am Torbogen zum Rosengarten im Klenzepark. Es war bei Gott keine vornehme Gegend für den Verein.  Und trotzdem war die Faltbootabteilung des TVdN damals eine überaus aktive Kanusportabteilung innerhalb des BKV.  Es wurden bereits wieder Donaulangstreckenregatten zusammen mit dem Neuburger Ruderclub veranstaltet. Diese Regatta ist allerdings dem Ausbau der Donau mit Stauseen zum Opfer gefallen.
Es folgten nun trotz der einfachen Unterkunft sehr erfolgreiche sportliche Perioden. Es wurden Kilometer geschaufeld. Jeder noch so kleine Fluß und Bach gefahren. Jeder Kilometer zählte. Die Ergebnisse pro Jahr lagen im Schnitt bei 23.000 bis 25.000 gefahrene Wasserkilometer. Einen besonderen Streckenrekord von damals möchte ich erwähnen: Manfred Schwoyer und Helmut Popp behaupteten, sie könnten in einem Stück die Strecke Ulm bis Ingolstadt fahren, damals mit drei Stauseen und einem Wehr in Bau. Sie hatten es tatsächlich geschafft. Dieter Heindl und ich wollten dem Ganzen noch einen draufsetzen und versprachen, die Strecke Ulm bis Kelheim/Donaudurchbruch ohne Unterbrechung zu befahren. Abfahrt 8 Uhr Ulm, Ankunft 24 Uhr Donaudurchbruch. Ohne Pause, ohne Halt, gepinkelt wurde im Stehen aus dem Boot. Aber wir haben es geschafft. Insgesamt 180 km in 16 Stunden.
Auch im Wildwassersport ging es aufwärts. Der 18-jährige Schore Mehringer kam von der Faltbootabteilung des ESV zu uns. Diese Abteilung hatte sich zu dieser Zeit gerade aufgelöst. Schore Mehringer mauserte sich damals in kurzer Zeit zum über Bayern hinaus bekannten Wildwasserprofi und Wildwasserfilmer. Die Österreicher waren damals im Wildwasser führend. Einige von uns absolvierten die sog. Wildwasserwochen in Großreifling auf Österreich. Wildwassern und brachten die gemachten Erfahrungen im Wildwassersport mit nach Ingolstadt.
Der damalige Abteilungsleiter Faltboot im TVdN, Hans Gössl, hatte schon immer einen großen Traum. Er wollte den FC wieder selbständig machen und sich vom TVdN lösen. Zumal es damals schon Gerüchte gab, die von uns genutzten Remisen müßten geräumt werden für eine geplante Landesgartenschau.  Im Jahre 1962 wurde die Gründungsversammlung einberufen und es gab ihn wieder, den Faltbootclub Ingolstadt.  Gössl verhandelte unermüdlich mit der Stadt, um ein geeignetes Gelände zum Nulltarif zu bekommen. Innerhalb der Abteilung gab es Widerstände seitens der Bedenkenträger, die es auch damals schon gab. Das vorgesehene Gelände war eine einzige Wildnis.  Aufgrund guter Beziehungen zum Pionierbataillon 10  hatten es Ingolstädter Pioniere für 10 Kasten Bier und 30 Pfund Leberkäse gerodet und erschlossen.
Aber mit was sollte man bauen? Die Kasse wies einen Barbestand von DM 1.800.—auf, die Stadt bezuschußte den Verein durch kostenloses Überlassen des Platzes . Der BKV steuerte DM 6.000,-
zinsloses Darlehen bei, das zurückgezahlt werden mußte. Der BLSV gab ein Darlehen von DM 5.000.–.. Das Bankhaus Sinzinger gab ein Darlehen von DM 10.000.—ohne Bürgschaft, nachdem der Sohn des damaligen Bankdirektors Rochholz Mitglied des Vereins war. Mit DM 22.800.—(geliehen) begann der Bau. Darüberhinaus wurde ein Nagelbrett kreiert, jeder Spender kaufte einen Nagel für einen bestimmten Betrag, von 50 Pfennig bis 50 Mark. Insgesamt brachte das Brett DM 9.000.—ein. Somit standen DM 31.800.—zur Verfügung.
Alle Mitglieder sollten eine bestimmte Anzahl von unentgeltlichen Stunden leisten und sie taten es auch. Es gab viele unentdeckte Talente beim Hausbau, die zum Vorschein kamen. Nicht wenige brachten es auf über 1000 Arbeitsstunden. Als leitender Bauingenieur fungierte Adolf Karmann, ein junger Studienrat von der Berufsschule, der viel Wissen einbrachte.  Es gab keine Unfälle. Das Thema Unfallschutz war ein Begriff, der für die damaligen Aktivisten unbekannt war. Im Jahr 1967 war es dann soweit: der Faltbootclub Ingolstadt hatte wieder eine eigene Bleibe.
Sportlich gesehen folgte eine Periode, die sich sehen lassen konnte. Der Faltbootclub Ingolstadt zählte zu den erfolgreichsten Kanusportvereinen im BKV. Auch im Wildwassersport ging es aufwärts. Es kam internationaler Zuwachs, die Brüder Baumgartner kamen aus der damaligen Tschechoslowakei zu und und bereicherten den Verein.
Auch die TID hat nunmehr wieder offiziell Ingolstadt als Startplatz genutzt.
Es war die Zeit des Eisernen Vorhangs. Neben Mitgliedern des BKV kamen vornehmlich Kanuten aus den Ostblockstaaten zu uns. Die wenigen Mark, die sie besassen, wurden in Ingolstadt für elektrische Tauchsieder, Bügeleisen und elektr. Rasierer ausgegeben. Die Teilnehmer waren zum Teil stramme Kommunisten, linientreu und zuverlässig in der Partei.  Es ging jedoch nicht immer reibungslos ab. In 1978 kam eine Gruppe Ungarn.  DasTeam startete an unserer Anlegestelle. Ein junger Teilnehmer namens Viktor fuhr bis Großm ehring, ließ seine Gruppe vorbeiziehen und stieg aus dem Boot um zu pinkeln. Er stieg wieder ein, paddelte flußaufwärts zurück zum FCI, meldete sich bei der Polizei und stellte einen Asylantrag. Viktor war somit der wahrscheinlich erste Asylant in Ingolstadt. Er wurde nach München verfrachtet, dort vom MAD vernommen und erhielt tatsächlich Asyl. Er kam zurück nach Ingolstadt, wurde zwischenzeitl. In Abwesenheit wegen Fahnenflucht in Ungarn zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt, nachdem er in Ungarn in dieser Zeit als Soldat diente.  Er durfte nicht mehr nach Ungarn zurückkehren. Er blieb in Ingolstadt, fand hier Arbeit und besuchte in den folgenden Jahren immer wieder die TID. Er wurde auch Mitglied beim FCI.
Sein Leben ist nicht sonderlich glücklich verlaufen. Er ist in den 90-er Jahren beim Fischen aus dem Canadier gefallen und ertrunken.
Das war für den Verein leider nicht der einzige Todesfall, den es zu verzeichnen gab. 1975 starteten Karlheinz Schumacher, Wenzl Drechsler und Gerhard Baumgartner zu einem gründlich vorbereiteten Wildwasserurlaub nach Norwegen. Alle drei waren versierte Wildwasserkanuten, die alle über die notwendigen Voraussetzungen verfügten. Bei der Befahrung des Flusses Rauma kam es zu einem entsetzlichen Unfall. Karlheinz Schumacher kenterte, verlor wahrscheinlich das Bewußtsein und konnte trotz eines zugeworfenen Rettungssackes das Ufer nicht mehr erreichen und stürzte einen Wasserfall ca. 20 m tief hinab. Auch die beiden Kameraden wissen bis heute nicht, was in den wenigen Metern von der Kenterung bis zum Absturz wirklich geschah. Wie gesagt, Schumacher war ein erfahrener, exzellenter Wildwasserfahrer, der die Eskimotierrolle in jeder noch so bedenklichen Lage beherrschte. Er ist nur 34 Jahre alt geworden und hinterließ eine Frau und 2 kleine Kinder. Der Schock im Verein war groß, hatten wir doch alle einen großartigen Kameraden verloren.
Bedauerlicherweise war dies nicht der einzige Todesfall, den wir im Sportbetrieb zu verzeichnen hatten. 1985 wurde von einer ca. 25 Mann großen Gruppe eine Wanderfahrt auf dem Inn durchgeführt. Auf einer Schwallstrecke bei Innsbruck kenterte Herbert Melzner mit seiner Frau, die das nahe Ufer schwimmend erreichen konnte. Herbert versank für kurze Zeit im Wasser, wurde aber sofort herausgezogen und ans Ufer gebracht, wo er bereits tot war. Es war nicht klar, hatte er einen Herzinfarkt erlitten und  ist deshalb gekentert oder ist er aufgrund der Schwallstrecke gekentert und hat im eiskalten Inn einen Herzinfarkt erlitten. Er wurde nur 42 Jahre alt und hinterließ Frau und zwei Töchter. Es waren nicht nur für die Familien Schicksalsschläge, sondern auch für den Verein tiefe Einschnitte.
Aber das Vereinsleben ging weiter. Im Jahr 1980 trat Hans Gössl von seinem Amt als Vorstand zurück, um für seine Frau, die zwischenzeitlich erkrankte, da zu sein. Er war insgesamt von 1958 bis 1980 Vorsitzender, also stolze 22 Jahre. Im selben Jahr habe ich den Vereinsvorsitz übernommen, den ich bis 2005, also 25 Jahre, innehatte. Seit 2005 führt Richard Wagner den Verein und das hoffentlich noch lange. Auch die bisherigen Kassenwarte hatten alle den Posten lange inne, was nicht bei jedem Verein selbstverständlich ist. Hajo Sebastian war Kassier von 1989 bis 2007 und führte die EDV-mässige Datenverwaltung ein. Die jetzige Kassiererin Christl Pfister hat diesen Job nun seit 12 Jahren an der Backe. Erwähnen muß man auch die Arbeit der stellvertretenden Vorstände Paul Nosse und Franz Zwicknagl, die einen exzellenten Job leisteten.
Die überhaupt längste Dienstzeit in einer Vereinsfunktion hat jedoch die Schriftführerin Gisela Ettinger, die seit 1970, also 46 Jahre, ununterbrochen als Schriftführerin tätig ist.
Wir sind derzeit in einer sehr guten Situation, was sowohl die Mitgliederzahl als auch die Finanzen des Vereins betrifft. Wir können uns nur alle wünschen, dass dies auch so bleibt.
Zum Schluß noch eine Erwähnung der aktiven Wanderfahrer, die den Verein zu dem gemacht haben, was er heute ist. Der erste Inhaber des goldenen Wanderfahrerabzeichens war im Alter von nur 24 Jahren Dieter Heindl. Ich folgte ihm im Alter von 26 Jahren. Christl Nowack, die wahrscheinlich erfolgreichste Wanderfahrerin im Verein, hat diese Leistung 17 mal erbracht, was einer Kilometerleistung von ca. 32.000 km entspricht. Der absolute Knaller ist ihr Mann Sigi, der diese Leistung 34 mal wiederholt hat. Er ist stolzer Besitzer des Globus-Abzeichens und hat in seinem Leben ca. 44.000 Kilometer gepaddelt. Ich weiß aus meiner Schulzeit, dass der Umfang der Erde ca. 40.000 km beträgt. Christl und Sigi haben somit eine Leistung erbracht, die sowohl in Bayern als auch in Deutschland nur äußerst selten gemeldet wurde.
Zum Schluß möchte ich nochmal feststellen: wir alle können auf unseren Verein stolz sein und wir hoffen, dass wir uns, am besten vollständig, in 10 Jahren wieder hier treffen.
Bis dahin dem Verein die besten Wünsche , auf den Kanusport, die Mitglieder und den FCI ein 3-faches
A h o i

90 JahrfeierRichard Wagner gratuliert Dieter Heindl zum 60. Jahr Mitgliedschaft und Schore Mehringer zum 55. Jahr !