Es ist der 9. August 2020. Nachdem es in der Woche zuvor recht stark regnete war der Pegel der Isar wieder gefallen, die Lage schien entspannt. Auch der Wetterbericht mit Sonnenschein und bis zu 32° C versprach eine nette, angenehme Fahrt. Doch am Einstieg in Oberhummel war sofort erkennbar, dass die Isar mehr Wasser führte als erwartet. Die bekannte Kiesbank war zwar noch sichtbar, aber schmal und flach und das Wasser grünlich und trüb anstatt sauber und klar.

Vor dem Start gab es eine kurze Besprechung welche Begebenheiten und Hindernisse uns erwarten könnten, in welcher Reihenfolge gefahren werden sollte und was bei Überraschungen zu tun wäre. Also flugs ins Wasser gerutscht, schnell noch ein Gruppenfoto geschossen und es ging ab in den vollen, breiten Fluss.

vor der Abfahrt

Mir gefällt die Isar bei niedrigerem Pegel besser, wenn sich das klare Wasser um die von sonnenhungrigen Sommerfrischlern bevölkerten Kiesbänke schlängelt, wenn die Stromzungen zwar kleiner, dafür die Überspülungen ausgeprägter sind.

Nun hatten wir einen breiten Fluss, in den engen Biegungen war mehr Leben, quirligeres Wasser und ein höheres Tempo. Die Neulinge erlebten so manche aufregende Stelle mit Aha-Erlebnissen wegen dem eigenwilligen Verhalten ihrer Boote. Dazwischen erhielten erhielten sie reichlich Input an Paddeltechnik, Wasserlesen und Verhalten in der Gruppe. Im Übrigen sorgte die Sonne für die eine oder andere Schweißperle auf den Gesichtern.

Bis Moosburg verging die Zeit trotz ein oder zwei Verschnaufpausen wie im Flug – dann kam das Moosburger Kraftwerk. Schon von weitem war mittig in Stausee eine große Kiesbank sichtbar. Dahinter, direkt am Wehr, steckte ein riesiger, breiter Baumverhau der fast die gesamte Wehranlage einnahm. Wir waren schon unterwegs Richtung linkes Ufer zur Ausstiegsstelle. Dort herrschte üblicherweise ruhiges Wasser..
Doch dieser Tag zeigte eine Überraschung und dass unsere Erwartung weit gefehlt war! Die Strömung zog merklich an und deutlich nach links. Die Staumauer, die sonst als Ausstieg diente, war komplett vom Baumverhau verdeckt, davor schoss das Wasser von links nach rechts zum ebenfalls vom Baumverhau versperrten Wehr. Das linke Ufer war auf 50 m Länge senkrecht abgebrochen und über 2 m hoch – die Ausstiegstelle war Geschichte.


Die ganze Mannschaft paddelte schnell nach rechts um auf der Kiesbank anzulanden um von dort aus die Lage zu sondieren. Die Kiesbank in der Mitte vor der Wehranlage war zu einer stark umströmten Insel wenige Meter vor dem ganz geöffneten und vollkommen verblockten Schotts geworden. Durch die Schotts schoss die Isar. Das war eindeutig unfahrbar und lebensgefährlich. Rechts der Insel, Richtung Südufer, zog die Isar trichterförmig auf das Wehr zu, wobei ganz rechts zwei kleinere, offenbar freie Schotts ebenfalls ganz geöffnet waren. Wir entschieden uns, dass ich vorfahren und das Südufer nach einer Umtragungsmöglichkeit absuchen sollte. Dort fand ich zwar ein Steg über den Werkskanal aber keine Möglichkeit wieder in die Isar einzusetzen. Auch hier war das Ufer soweit ich sehen konnte fast senkrecht abgebrochen und die Isar rauschte drei Meter unter mir rasant vorbei.
Allerdings stellte sich bei der Suche nach einer Einsetzstelle heraus, dass das ganz rechte Schott tatsächlich frei und fahrbar war.

Ein einheimischer Paddler, der am Vormittag am Kraftwerk umtragen wollte und sein Glück auf der linken Isarseite gesucht hatte, erzählte uns, dass an dem steilen Abbruch links vor dem Wehr kein Ausstieg möglich ist. er war dorthin gepaddelt, fand zwar ein Kehrwasser aber saß dort fest. Zur Kiesbank konnte er wegen der starken Strömung nicht mehr zurückpaddeln. Vom Boot aus hatte er per Handy Bekannte aktiviert, die ihm von oben aus der Patsche halfen – was für ein Glück, dass wir die linke Seite gar nicht erst probiert hatten!
Allerdings bestätigte er, dass das rechte Schott fahrbar sei.

für Unerfahrene weniger geeignet

Mit Hilfe einer Seilsicherung traversierten alle Paddler einzeln nacheinander und ungefährdet von der Kiesbank zum Südufer. Von dort aus besichtigte jeder nochmal so gut wie möglich das rechte Schott um die Passage einigermaßen einschätzen zu können und um sich darauf einzustellen.

Wir beschlossen, dass jeder einzeln das Wehr passieren sollte. Sobald ein Paddler hinter dem Wehr sicher auf der Sandbank angekommen war, sollte der Nächste die Freigabe zum Start erhalten. Ich postierte mich als Sicherung hinter dem Wehr auf einer Kiesbank. Dort wartete ich um zur Stelle zu sein falls jemand unkontrolliert sein Boot verlassen würde. Sobald der Paddler den Sammelpunkt erreicht hatte, gab ich per Trillerpfeife das Startzeichen für den Nächsten.
Es war eine große Erleichterung als alle Kanuten ohne Zwischenfall auf der Sandbank versammelt waren. Lediglich der Kanadier hatte einen satten Eimer Isarwasser eingefasst.

Die zweieinhalb Stunden, die uns das Moosburger Wehr kostete, bedeutete zwar das Aus für die geplante Pause im Kaffeehaus, aber durch diese Aktion und durch die Unerschrockenheit der weniger erfahrenen Teilnehmer stellten wir sicher, dass die Fahrt nicht abgebrochen werden musste und alle Kanuten wohlbehalten und unbeschadet diese unerwartete Gefahrensituation überwinden konnten.

auf der Kiesbank wird der nächste erwartet

Nun ging es weiter. Nach dem Wehr schlängelte sich die Isar in flotter Fahrt bis nach kurzer Zeit schon das Brausen der Ampermündung zu hören war: wir erreichten Volkmannsdorf.
Für mich ist es immer wieder ein Höhepunkt, wenn ich sehe wie die Amper mit Gebrüll über das Wehr strömt, sich in die Isar ergießt und mit ihr verbindet. Jedes Mal wenn ich mich mit dem Kajak umdrehe und auf die tosende Hochzeit mit ihrer bedrohlichen Begleitmusik zurückschaue, sehe ich vor meinem geistigen Auge wie ich mit meinem Taifun und einem mächtigen Adrenalinstoß das Wehr herunterschieße und unten durch den weißen Schaum in die Isar steche.

Hinter Volkmannsdorf stößt man auf eine Rechts-Links-Biegung, die eigenwillige Strömungsverhältnisse und ein schönes Kehrwasser bietet und zum Spielen einlädt. Von dort ist es nicht mehr weit bis zu den Sieben Rippen, einem felsendurchsetzten Flusslauf von etwa 60 m Länge. Bei der Wassermenge an diesem Tag ist von den Verblockungen nicht viel zu erkennen. Gleichwohl gibt es unregelmäßige Wellen mit weißen Schaumkronen, die sich mit etwas Zug am Löffel von allen Kanufahrern problemlos paddeln lassen.

Inzwischen wird die Isar ruhiger. Die Paddler im Kanadier entschlossen sich, im laufenden Betrieb ein Erfrischungsbad in der Isar zu nehmen. Der Erste enterte den Kanadier nach beendetem Bad äußerst gekonnt, doch dann schmunzelten wir, als sich für den Zweiten der Wiedereinstieg ins Boot als recht anspruchsvoll, sogar als unangenehm schwierig herausstellte und fremde Hilfe erforderte.

so war das nicht geplant!

Es blieb auch Zeit, um eine praktische Vorübung auf die Kenterrolle vor-zuführen und die Grundlagen dazu zu erklären. Mittlerweile floss die Isar geradewegs auf Landshut zu, die Burg Trausnitz sitzt erhaben auf ihrem Berg und grüßt aus der Ferne.
Für Spannung und Aufmerksamkeit sorgte noch einmal die Solstütz-schwelle an der Mündung des Hammerbachs, etwa drei Kilometer vor Landshut. Solche Turbulenzen haben inzwischen bei den Neulingen ihren Schrecken verloren und sorgen für eine letzte Spaßeinlage.

Nach kurzer Zeit ist Landshut erreicht. Ein großer und hoher Baumverhau an der Eisenbahnbrücke macht nochmal deutlich, dass es in der letzten Zeit einen wesentlich höheren Pegel hatte als an diesem Sonntag. Trotzdem erforderte die Fließgeschwindigkeit die ganze Aufmerksamkeit beim Ausbooten. Das Ende der Fahrt sollte ja nicht von einer nassen Überraschung getrübt werden.

Die Aktion am Moosburger Wehr war fast schon ein kleines Abenteuer das jeden gefordert hat. Sie zeigte auch wie gut unsere kleine Gruppe zusammenspielte. Jeder wird sich noch lange und gerne an diese Fahrt erinnern.

aufladen und doch noch nach einem Cafe suchen!